Widerlegen, aber richtig - Teil 3 - Der Bumerang-Effekt der Informationsüberladung
Aktualisierung 21.11.2020: Es gibt eine neue und komplett überarbeitete Version des Handbuchs unter dem Titel "Widerlegen, aber richtig 2020", da es seit der ersten Auflage zahlreiche neue Forschungsergebnisse gegeben hat. Die Zeit war deshalb reif für eine vollständige Überarbeitung dieses sehr populären Handbuchs.
"Widerlegen, aber richtig" wurde von John Cook und Stephan Lewandowsky geschrieben. Es existieren zahlreiche psychologische Studien über Falschinformationen. Unglücklicherweise gibt es jedoch keine Zusammenfassung der Literatur, die praktische Regeln enthält, was die effektivsten Methoden sind, den Einfluss von Falschinformationen zu minimieren. Dieses Handbuch fasst die Erkenntnisse kurz und leicht verständlich zusammen und wendet sich an alle Kommunikatoren in vielen Bereichen (nicht nur zum Thema Klimawandel), die auf Falschinformationen stoßen. Das komplette Handbuch kann auch kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Ein Prinzip, das von wissenschaftlichen Autoren oft ignoriert wird, ist ihre Inhalte verständlich zu vermitteln. Dies bedeutet, dass sie einfach zu lesen, einfach zu verstehen und knapp gehalten sein müssen. Leicht zu verarbeitende Informationen werden eher als korrekt akzeptiert.1 Den Farbkontrast einer gedruckten Schrift zu erhöhen, damit der Text leichter zu lesen ist, kann zum Beispiel schon dazu führen, dass die Leser die Aussage eher als wahr akzeptieren.2
Allgemein wird angenommen, dass man um so erfolgreicher ist, ein Gerücht zu widerlegen, je mehr Gegenargumente man liefert. Es stellt sich aber heraus, dass das Gegenteil der Fall sein kann. Um Falschinformationen auszuräumen, kann weniger mehr sein. Um den Einfluss von Falschinformationen zu verringern, kann es z. B. erfolgversprechender sein, drei anstatt zwölf Argumente anzuführen. Letzteres kann dazu führen, die ursprüngliche Falschinformation zu verstärken.1
Der Bumerang-Effekt der Informationsüberladung tritt auf, weil es anstrengender ist, viele Argumente zu verarbeiten als sich nur mit einigen wenigen zubeschäftigen. Ein einfaches Gerücht ist kognitiv attraktiver als eine verkomplizierte Korrektur.
Die Lösung besteht darin, Inhalte kurz, prägnant und leicht lesbar zu präsentieren. Inhalte leicht verständlich zu gestalten, bedeutet, jedes zur Verfügung stehende Werkzeug einzusetzen. Verwenden Sie eine einfache Sprache, kurze Sätze, Überschriften und Absätze. Vermeiden Sie dramatische Sprache und herabwürdigende Kommentare, die Menschen vor den Kopf stoßen. Halten Sie sich an die Fakten.
Enden Sie mit einer starken aber leicht verdaulichen Information, die sich die Leute merken und per Twitter an ihre Freunde weiterschicken. Beispiele hierfür sind:“97 von 100 Klimawissenschaftlern sind sich einig, dass die Menschheit die globale Erwärmung verursacht” oder “Studien bestätigen, dass die MMR-Impfstoffe sicher sind” [Anmerkung: MMR = Masern, Mumps, Röteln]. Setzen Sie wo immer möglich Grafiken ein, um Ihre Argumente zu illustrieren.
Wissenschaftler haben sich lange an die Prinzipien des Informationsdefizit-Modells gehalten, das darauf aufbaut, dass Menschen fehlerhaften Ansichten anhängen, weil sie nicht alle Informationen haben. Zuviel Information kann jedoch dazu führen, dass der Schuss nach hinten losgeht. Halten Sie sich statt dessen an das “KISS”-Prinzip: “In der Kürze liegt die Würze” [vom Englischen: “keep it simple, stupid”]
Quellangaben:
- Schwarz, N., Sanna, L., Skurnik, I., & Yoon, C. (2007). Metacognitive experiences and the intricacies of setting people straight:Implications for debiasing and public information campaigns. Advances in Experimental Social Psychology, 39, 127-161.
- Reber, R., Schwarz, N. (1999). Effects of Perceptual Fluency on Judgments of Truth, Consciousness and Cognition, 8, 338-3426.
Translation by BaerbelW. View original English version.