Widerlegen, aber richtig - Teil 2 - Der Bumerang-Effekt des Vertrauten
Aktualisierung 21.11.2020: Es gibt eine neue und komplett überarbeitete Version des Handbuchs unter dem Titel "Widerlegen, aber richtig 2020", da es seit der ersten Auflage zahlreiche neue Forschungsergebnisse gegeben hat. Die Zeit war deshalb reif für eine vollständige Überarbeitung dieses sehr populären Handbuchs.
"Widerlegen, aber richtig" wurde von John Cook und Stephan Lewandowsky geschrieben. Es existieren zahlreiche psychologische Studien über Falschinformationen. Unglücklicherweise gibt es jedoch keine Zusammenfassung der Literatur, die praktische Regeln enthält, was die effektivsten Methoden sind, den Einfluss von Falschinformationen zu minimieren. Dieses Handbuch fasst die Erkenntnisse kurz und leicht verständlich zusammen und wendet sich an alle Kommunikatoren in vielen Bereichen (nicht nur zum Thema Klimawandel), die auf Falschinformationen stoßen. Das komplette Handbuch kann auch kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Um ein Gerücht auszuräumen, muss es in vielen Fällen erwähnt werden - wie sollen die Zuhörer oder Leser ansonsten wissen, um was es geht? Dies macht das Gerücht für die Menschen jedoch vertrauter und sie neigen deshalb eher dazu, es für wahr zu halten. Bedeutet dies, dass das Widerlegen eines Gerüchts dazu führen kann, dass es in den Köpfen sogar noch verstärkt wird?
Um diesen Bumerang-Effekt zu untersuchen, wurde Probanden ein Infoblatt gezeigt, das mit häufig vorgebrachten Gerüchten über Grippeimpfungen aufräumt.1 Anschließend wurden die Testpersonen gebeten, die Gerüchte von den Fakten zu trennen. Wurden die Personen direkt im Anschluss an das Durchlesen des Infoblatts befragt, identifizierten sie die Gerüchte korrekt. Wurden sie jedoch 30 Minuten nach dem Durchlesen befragt, beantworteten einige der Personen die Fragen sogar schlechter als zuvor. Das Widerlegen verstärkte die Gerüchte.
Daraus lässt sich schließen, dass es diesen Bumerang-Effekt tatsächlich gibt. Ausschlaggebend ist die Tatsache, dass Vertrautheit die Chance vergrößert, dass Informationen als wahr angesehen werden. Direkt nach dem Lesen des Faltblatts erinnerten sich die Testpersonen an die Details, die die Gerüchte widerlegten und sie identifizierten die Gerüchte erfolgreich. Mit zunehmender Zeit verblasste jedoch die Erinnerung an die Details und das Einzige, was sich die Testpersonen gemerkt hatten, war das Gerücht ohne die “Kennzeichnung”, das es als falsch identifizierte. Bei älteren Erwachsenen wirkt dieser Effekt besonders stark, weil ihr Gedächtnis anfälliger dafür ist, Details zu vergessen.
Wie vermeidet man diesen Bumerang-Effekt des Vertrauten? Idealerweise sollte man vermeiden, das Gerücht überhaupt zu erwähnen während man es widerlegt. Wenn man Fehlinformationen richtigstellen möchte, ist die beste Herangehensweise, sich auf die zu vermittelnden Fakten zu konzentrieren.
Das Gerücht nicht zu erwähnen, ist manchmal keine echte Option. In einem solchen Fall sollte sich die Widerlegung auf die Fakten konzentrieren. Die häufig verwendete Methode, als Überschrift für die Widerlegung das Gerücht in großen fetten Buchstaben zu zeigen, ist das letzte was Sie machen möchten. Vermitteln Sie stattdessen Ihre Kernaussage in der Überschrift. Ihre Widerlegung sollte mit der Betonung der Fakten und nicht des Gerüchts starten. Ihr Ziel ist es, die Leute mit den Fakten vertrauter zu machen.
Quellangaben
- Skurnik, I., Yoon, C., Park, D., & Schwarz, N. (2005). How warnings about false claims become recommendations. Journal of Consumer Research, 31, 713-724.
Translation by BaerbelW. View original English version.