Die Tricks, mit denen die fragwürdige "Oregon-Petition" Zweifel am wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel schürt
Wissenschaftliche Belege zeigen...
Nur sehr wenige Klimaforscher haben die “Oregon-Petition” unterzeichnet.
Über 31.000 Wissenschaflter haben die Oregon-Petition mitgezeichnet.
Beim Petitionsprojekt des Oregon Institute of Science and Medicine (OISM) haben über 31.000 Wissenschaftler eine Petition unterschrieben, in der es heisst "es gibt keinen überzeugenden wissenschaftlichen Beweis dafür, dass die durch die Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen in der nahen Zukunft eine katastrophale Erwärmung der Erdatmosphäre verursachen könnten" (OISM)
Kurz und knapp
Glauben Sie, dass man die Gesetze der Physik, genau wie im politischen Bereich, durch Umfragen und Petitionen außer Kraft setzen kann? Kurze Antwort: Nein, das kann man nicht. Aber haben Sie oder jemand, den Sie kennen, nicht schon einmal von einer Petition gelesen, die von Tausenden von Wissenschaftlern unterzeichnet wurde, die die von Menschen verursachte globale Erwärmung ablehnen? Die Petition gibt es tatsächlich, aber sie ändert nichts an der physikalischen Realität der Welt. Im Folgenden erklären wir, warum die Petition ein fragwürdiges Unterfangen und ein "gutes" Beispiel für die Leugnungstechniken ist, bei denen Pseudo-Experten und aufgeblähte Minderheiten eingesetzt werden.
Die Petition wurde vom selbsternannten "Oregon Institute for Science and Medicine" (OISM) initiiert. Das "Oregon Institute for Science and Medicine" (OISM) ist eine gemeinnützige Organisation, angesiedelt im ländlichen Oregon, USA. Die Petition wurde zweimal gestartet, das erste Mal 1998 und ein weiteres Mal 2007. Die Menschen wurden aufgefordert, durch Selbstzertifizierung zu unterschreiben, d.h. jeder, der angab, an einer US-Einrichtung in den Naturwissenschaften studiert zu haben, konnte sich beteiligen. Außerdem war ein Nachweis über eine solche Qualifikation nicht notwendig.
Die erste Veröffentlichung der Petition erfolgte als Reaktion auf das im Jahr zuvor unterzeichnete Kyoto-Protokoll. Kyoto wurde im Petitionstext ausdrücklich erwähnt. Der Petitionstext behauptet auch, dass es "keine überzeugenden wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass die Freisetzung von Kohlendioxid, Methan oder anderen Treibhausgasen durch den Menschen eine katastrophale Erwärmung der Erdatmosphäre und eine Störung des Erdklimas verursacht oder in absehbarer Zukunft verursachen wird".
Es gibt einige ziemlich offensichtliche Probleme mit dieser Petition. Erstens: Welche Garantie gibt es, dass ein Absolvent eines Ingenieur- oder Medizinstudiums etwas über Klimatologie weiß? Keine. Wir müssen hier innehalten und einen Moment mit dem Begriff "Wissenschaftler" beschäftigen. Wissenschaft ist ein weites Feld. Ein Wissenschaftler kann in der Immunologie arbeiten, ein anderer im Ingenieurwesen. Würden Sie zu einem Ingenieur gehen, wenn Ihr Immunsystem versagt? Sollte Ihre Antwort "Nein" sein, dann ist das gut für Sie, und Sie verstehen wahrscheinlich das große Problem mit der Petition. Aber es kommt noch schlimmer.
Die Dokumente, die der Petition beigefügt waren, enthielten eine "Forschungsarbeit", die einer offiziellen Arbeit der Nationalen Akademie der Wissenschaften (NAS) täuschend ähnlich sah. Normalerweise sagen wir: "Imitation ist die ehrlichste Form der Schmeichelei". Nicht so in diesem Fall. Es war schlichtweg Betrug. Das Dokument war so irreführend, dass die NAS im April 1998 eine Pressemitteilung herausgab, in der sie folgendes erklärte
"Die Petition wurde zusammen mit einem Meinungsartikel aus dem Wall Street Journal und einem Manuskript verschickt, dessen Format fast identisch ist mit dem Format wissenschaftlicher Artikel, die in den Berichten der Nationalen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht werden. Der NAS-Rat möchte klarstellen, dass diese Petition nichts mit der Nationalen Akademie der Wissenschaft zu tun hat und dass das Manuskript weder in den Berichten der Nationalen Akademie der Wissenschaften noch in einer anderen begutachteten Zeitschrift veröffentlicht wurde."
Wer hat unterschrieben? Am Ende waren es 31.487 Personen - nicht unbedingt alle Wissenschaftler, wie mehrere Nachforschungen ergeben haben - und selbst wenn, wären es nur 0,25 % aller Absolventen in den USA mit einem wissenschaftlichen Abschluss in den letzten 43 Jahren. Dies ist ein Paradebeispiel für das Phänomen der "aufgeblähten Minderheit", wenn es denn je eines gegeben hat!
Angesichts dieser Zahlen müsste die Schlüsselfrage lauten: "Was denken die anderen 99,75% der Wissenschaftler?"
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Weiterführende Informationen
In den Jahren seit Bekanntwerden der Bedrohung durch den Klimawandel haben Unternehmen und ihre Denkfabriken verschiedene Versuche unternommen, das empfundene Risiko herunterzuspielen. Unter anderem wurde behauptet, dass eine große Anzahl von Wissenschaftlern die Grundprinzipien des anthropogenen [menschengemachten] Klimawandels nicht teilt. Eine der berüchtigtsten Aktionen dieser Art war eine Petition des sogenannten "Oregon Institute of Science and Medicine" (OISM), die 1998 ins Leben gerufen und 2007 wiederbelebt wurde. Diese Petition wurde anscheinend von Tausenden von Personen unterzeichnet, die einen Bachelor-Abschluss oder eine höhere wissenschaftliche Qualifikation besaßen. Die Unterzeichner wurden aufgefordert, den in Abbildung 1 dargestellten Aussagen zuzustimmen.
Abbildung 1: Die Oregon-Petition, archiviert von Brian Angliss im Jahr 2015.
Der Petition war ein bizarrer Artikel beigefügt, der zunächst den Anschein eines wissenschaftlichen Artikels aus der Zeitschrift "Berichten der Nationalen Akademie der Wissenschaften" (PNAS: "Proceedings of the National Academy of Sciences") erweckte. Die "Nationale Akademie der Wissenschaften" (NAS) gab daraufhin eine offizielle Stellungnahme ab, in der sie sich so weit wie möglich von der Oregon-Petition distanzierte. Das "Papier" war nichts dergleichen. Tatsächlich zeigt ein flüchtiger Blick auf den Inhalt, dass fast jeder Absatz grundlegende Fehler enthält. Desmog beschreibt eine Version des "Papiers" aus dem Jahr 2007 wie folgt
"Diese Initiative ist so unzulänglich, dass es schwer zu sagen ist, was am meisten zu kritisieren ist. Erstens wird die ganze Aktion von Arthur B. Robinson vorangetrieben, dem Überlebenskünstler, Darwin-Skeptiker und Inhaber des so genannten Oregon Institute of Science and Medicine. Der "wissenschaftliche" Artikel, auf den sich die Petition stützt, wurde von Robinson, seinem Sohn Noah und dem von der amerikanischen Ölindustrie finanzierten Willie Soon verfasst, die alle nicht darauf hoffen konnten, dass ihre Arbeiten über das Klima in einer von Experten begutachteten wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht würden".
Die Aussagen, die das Rückgrat der Petition bilden, sind von Grund auf falsch. Über die Grundlagen des anthropogenen Klimawandels gibt es keine große Diskussion - zumindest nicht in der Fachwelt der Klimawissenschaft. Es sind die menschlichen Kohlendioxidemissionen, die den Klimawandel verursachen. Wenn wir die Emissionen auf dem heutigen Niveau halten, wird sich die ohnehin schon schlechte Situation noch sehr viel stärker verschlimmern.
Bis zum Frühjahr 2023 wurde die Petition laut Website von "31.487 amerikanischen Wissenschaftlern, darunter 9.029 mit Doktortitel" unterzeichnet. Das ist keine große Veränderung gegenüber 2008, als OISM von mehr als 31.000 Unterschriften sprach. Auf der Website der Organisation wird nicht angegeben, wie viele der Unterzeichner in der Klimawissenschaft arbeiten. Vielmehr wird der Begriff "Wissenschaftler" wie folgt definiert: Jeder, der einen Bachelor-, Master- oder Doktortitel in einem naturwissenschaftlichen Fach hat, kann die Petition unterzeichnen. Das ist in der Tat ein weites Feld.
Tatsächlich repräsentieren die Unterzeichner der Oregon-Petition nur einen winzigen Bruchteil aller Hochschulabsolventen in den USA (die Petitionskarten wurden nur an Personen in den USA verschickt). Wie winzig? Laut Digest of Education Statistics des US-Bildungsministeriums hatten im Jahr 2008, als die neu aufgelegte Petition die Runde machte, 10,6 Millionen Absolventen naturwissenschaftlicher Fächer seit dem akademischen Jahr 1970/71 Qualifikationen erworben, die den OISM-Umfragekriterien entsprachen. 31.487 von 10,6 Millionen ist keine überzeugende Zahl, sondern eine winzige Minderheit von 0,29 Prozent. Wie Brian Angliss sagt (im Jahr 2015, die Zahl ist also noch weiter gesunken):
"Weit davon entfernt, ein angeblicher "Gegenkonsens" zu sein, repräsentieren die 31.487 Namen, die vom Global Warming Petition Project gesammelt wurden, nur ein Viertel von einem Prozent (0,25%) der seit 1970 verliehenen Abschlüsse in Wissenschaft und Technik. (Abb.2)".
Abb. 2: Die Unterzeichner der Oregon-Petition als Bruchteil (rot) aller Absolventen naturwissenschaftlicher Studiengänge in den USA (blau) und die Verteilung (R) der Disziplinen, die die Petition unterzeichnet haben und damit diese winzige, aber aufgeblähte Minderheit bilden. Grafik: Brian Angliss.
Der ehemalige New Scientist-Autor Peter Hadfield wies darauf hin, dass Wissenschaftler nicht in allen Bereichen Experten sind. Er betreibt heute den ausgezeichneten Youtube-Kanal "potholer54", der sich mit Erklärungen zur Klimawissenschaft beschäftigt. In einem seiner Videos aus dem Jahr 2010 sagte Hadfield:
"Zwischen Aaagard und Zylkowski, dem ersten und letzten Namen auf der Petition, gibt es eine Reihe von Metallurgen, Botanikern, Agronomen, organischen Chemikern und so weiter. .... Die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler, die die Petition unterschrieben haben, haben nie Klimatologie studiert und forschen auch nicht auf diesem Gebiet. Es spielt keine Rolle, ob sie einen Doktortitel haben oder nicht. Ein Doktortitel in Metallurgie macht einen nur besser in Metallurgie. Er macht einen nicht zum Experten für Paläoklimatologie".
Versuche wie diese, den wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel zu untergraben, haben ideologische Wurzeln, die auf verschiedene Weise mit wirtschaftlichen Interessen und ihren politischen Lakaien verbunden sind. Die Behauptungen der Oregon-Petition halten einer objektiven Überprüfung nicht stand. Im Gegenteil: Eine wachsende Zahl unabhängiger Studien, die hier auf Skeptical Science vorgestellt werden, zeigt, dass sich etwa 97% der Klimawissenschaftler über das Grundprinzip einig sind, dass der menschliche Ausstoß von Treibhausgasen die Erwärmung und Veränderung des Klimas verursacht. Was auch immer die lächerlichen Petitionen einer winzigen Minderheit von Absolventen naturwissenschaftlicher Studiengänge glauben machen wollen, der wissenschaftliche Konsens über den vom Menschen verursachten Klimawandel ist solide.
Anmerkung: Die Übersetzung wurde am 13.08.2023 aktualisiert, um die Änderungen im Titel und ersten Absatz im englischen Original nachzuziehen.
Logikbasierte Widerlegung
Logikbasierte Widerlegung als animierte GIF
Hintergrundinfos zur Grafik gibt es in diesem Blogartikel.
Infos bei Klimafakten
Translation by BaerbelW, . View original English version.
Das Argument der Skeptiker...